1988 · Stahl, Farbe · L 6m H 4m
Standort: Ziegelwiese Halle
1.000 kg Stahlblech mit leichter Hand hingeschrieben über das Grün der Peißnitz. Jeder Blick ist neu, anders. Fernsichten, Totale, Durchblicke. Besonders ist der Moment des ersten Sichtens in der Ferne, hervortretend hinter einer Weide oder Pappel. Keinen besseren Standort kann ich mir vorstellen, so richtig steht es da. Diese in den Raum gemalten Formen beherrschen perfekt den großen Raum zwischen Wiesen und Baumgruppen.
Ein Freiheitsgedanke, der da fliegt, sich in der Luft hält, herübergeweht aus den letzten Jahren der alten DDR, damals wie heute irgendwie seltsam fremd und sperrig, aus sich selbst und seiner Struktur bezogen und doch weit in den Raum wirkend.
Ist es dies, diese Aura von Freiheit, daß ich immer häufiger sehe, wie die Jugend diese Skulptur zum Treffpunkt wählt? Sich ihre eigene kleine Freiheit nimmt mit der Spraydose in der Hand, raucht, trinkt. Der Betonsockel wie ideal zum Bierflaschen zerknallen, die Metallflächen laden ein, auf ihnen zu sitzen, zu liegen, der Zeit beim Vergehen zu lauschen. Sie scheinen sich einig mit ihrem Treffpunkt. Ein Ort ohne fremde Regeln. Hier gilt Freiheit. Den Künstler kümmerts doch ein wenig, alle paar Jahre muß er die Farben seiner Skulptur auffrischen, gesprayte Tags überstreichen. (Irgendwie ja dann doch unfrei. Tja.)
Ihren Anfang verdankt diese Stahlplastik einer glücklichen Stunde. Mit lockerer Geste hingeschriebene farbige Pinselspuren. Der Verband bildender Künstler der DDR organisierte 1987 ein Stahlgestaltersymposium im VEB Chemieanlagenbau Staßfurt, eine seit 1977 alle zwei Jahre stattfindende Zusammenarbeit zwischen Produktionsbetrieb und Künstlerverband. Aus den Pinselgesten wurde die Idee einer großformatigen raumgreifenden Stahlskulptur. Das Symposium in Staßfurt bot geeignete Bedingungen, solche Dinge zu produzieren.
Kraftvolle Farben und energiegeladene Formen bestimmen bis heute den Personalstil von Andreas Freyer. Freies Denken in schwerem Material. Geschwungene Flächen in Spannung, deren lackierte Oberflächen in kraftvollen Farbflächen schwingen.
Trifft man ihn an seinem Arbeitsort, einer dunklen ehemaligen Kirche, umgebaut zur Schmiede und Metallwerkstatt mit Schmiedefeuer, Gasflaschen und schwerem Gerät, so steht das in merkwürdigem Kontrast zu seinen Arbeiten. Vielleicht ist dies ein Wesen seiner Kunst, dieser freie Kopf weit über allem starrem und lastauftragendem (schwerlastendem) Darunter. Vielleicht ist das auch ein ganz großer Aspekt von Kunst schlechthin, diese Idee von freiem Agieren und Denken inmitten einer von Zwängen bestimmten Welt sichtbar zu machen.
Die Skulptur wurde 1989 auf der Ausstellung „Metallkunst aus der DDR“ in Westberlin zusammen mit einer weiteren Arbeit von Andreas Freyer gezeigt und von der Stadt Halle angekauft. Die Entscheidung zu ihrem heutigen Standort war in ihrer Zeit eine mutige und bis heute eine glückliche.
Thomas Blase in der „Zeitschrift für Kunst in Sachsen-Anhalt“ 02/2018