2005 · Beitrag zum Halleschen Kunstsymposium „Spur der Steine“ für den Stadtteil Silberhöhe, Halle
Ein See, eine Baumgruppe, ein Beet — drei Kreise. Städte ändern sich. Pläne ändern sich. Ein ganzer Stadtteil wird umgebaut. Weniger Menschen sollen im Süden der Stadt endlich besser leben. Erst wird alles anders, später auch schöner. Beim Rückbau und Umbau des Stadtteils Silberhöhe in Halle setzt die Stadt auch darauf, daß die Natur sich zurückholt, was ihr genommen wurde. Bäume werden angepflanzt. Haine entstehen zwischen Plattenbauten. Ökologische Nischen werden geschaffen. Natur soll als versöhnender Faktor wirken. Man möchte zu einem Gleichgewicht zurückfinden. Dort wo der Eingriff und die Gestaltungskraft von Menschen versagt hat, bekommt die Natur die Chance, sich als der bessere Gestalter zu erweisen.
Andreas Freyer setzt mit seinem Projekt auf einen langsamen Wandel. In die entstehenden Freiflächen zwischen den verbleibenden Gebäuden und Straßenzügen zeichnet er drei gleich große, einfache geometrische Formen. Seine Arbeit will mit Absicht keine Bekunstung sein. Es wird kein Denkmal, keine Mahnung, kein Verbesserungsvorschlag. Wenn überhaupt eine Intention erkenntlich wird, dann ist es, im Anklang an die klassische Landschaftsarchitektur, die Beruhigung und die Bildung des Gemütes. Freyers Kreise sind getarnte Eingriffe. Die Zeit, das Wachstum der Natur und der Wechsel der Jahreszeiten sind eingeplante Elemente seiner Arbeit.
Andreas Freyer will drei Kreise ziehen, der erste ist der Wasserspiegel eines zukünftigen Beckens, der zweite ist ausgefüllt mit Pflanzenrabatten und der dritte ein Ring von zwölf Eichen. Jeder Kreis wird einen Durchmesser von 46 m haben. Es gibt noch einen vierten, bedeutend kleineren Kreis, der zu Freyers Entwurf gehört. Im Ratshof der Stadt Halle am Markt soll ein Spiegel aufgehängt werden, ein kleiner Spiegel mit 42 cm Durchmesser. Die Durchmesser und Entfernung zwischen den großen Kreisen und dem kleinen Kreis im Zentrum der Stadt entsprechen dem Verhältnis zwischen Erde und Sonne.
Rüdiger Giebler im Katalog „Spur der Steine“